Weintage 2019 – WEIN & KUNST - Patrizia Casagranda

Casagranda


Wunderschöne junge Frauen, positive Energie ausstrahlend, blicken uns entgegen. Die faszinierende Wirkung dieser Bilder beruht auf der Verbindung aus Collage, Malerei und Graffiti. Diese Vielschichtigkeit der verwendeten Materialien sowie der reliefartige Farbauftrag schaffen immer neue Ebenen und Perspektiven. Gepaart mit der Vergänglichkeit des Materials, wie die sich scheinbar lösenden Farbschichten, der scheinbar abbröckelnde Putz und das vergilbte Papier, deckt sich die Wahl der Technik mit der facettenreichen Aussage der Bilder. Ein schneller Blick genügt nicht, man muss schon ein zweites Mal hinschauen, um all die Interpretationsmöglichkeiten zu erfassen. Vergänglich ist neben dem Material auch die jugendliche Schönheit der Dargestellten. Doch hinter all diesen Porträts schöner Frauen stehen junge Inderinnen, die ihren Lebensunterhalt und den ihrer Familien mit dem Sammeln von Müll verdienen. Auf diese traf Casagranda in Nordindien, wo sie einen Teil des Jahres verbringt, trank mit ihnen Tee und führte lange Gespräche. Trotz oder gerade wegen der ständigen existentiellen Bedrohung konzentrieren sie sich auf das Hier und Jetzt, haben ein bedingungsloses Vertrauen in die Zukunft und eine fast ausgelassene Lebensfreude. 
Ihre Gemälde spielen mit einem Mix von vertraut und fremd. Ein markiges Relief aus Wellen, Furchen, Mörtel und Noppen, so scheint es, mischt die Oberfläche der Bilder auf. Höckerartige Erhebungen bilden dabei Gesichter, die in Rot, Pink, Blau und Violett deutlich hervortreten. Materialbetont und zerklüftet, entspringen ihre Bildhäute dem Collage-Prinzip ebenso wie seinem Gegenteil, der Abschilferung der Decollage: Von der Wellpappe flämmt sie die obere Schicht ab, um das Wellenprofil freizulegen.
Sie deckt Stoff über Papier, bringt Schrift in Graffiti-Manier auf. Mit den Noppen, in Gips ausgeführten Punkten, knüpft sie an die Rasterbilder eines Roy Lichtenstein und Siegmar Polkes an. Jedoch sind ihre Punkte dreidimensional. Ihre skulpturale Bildsprache ist eine ansprechende vielschichtige Verschränkung von Porträt und Schrift, Bild und einer rauen Materialität.
Einen Teil des Jahres verbringt die Deutsch-Italienerin in Indien – auch die Einflüsse dieser für uns so geheimnisvollen Welt sind in der Bildsprache ihrer Arbeiten zu finden. 
Ein weiteres ästhetisches Gestaltungsmittel ist die Typographie, die in ihren Werken oftmals auftaucht; als illustratives Element fügt sie sich in die Bildkomposition ein, dient jedoch der Andeutung einer Geschichte – nichts, was sich wirklich lesen oder verstehen ließe, sondern nur eine Aufforderung an den Betrachter, selbst zu schauen, eigene Gedanken und Vorstellungen zu entwickeln. 
Die Bilder mögen auf den ersten Blick brüchig und vergänglich wirken – setzt sich der Betrachter jedoch mit der Vielschichtigkeit der Darstellung und Themen auseinander, wird deutlich, dass die Materialität der Werke, die Sinnlichkeit der dargestellten Frauen und die starke Symbolik in ihrer Symbiose auch als Kraftfeld und Motivation dienen können. Die jahrhundertealten Märchen und Mythen, die Patrizia Casagranda zitiert, die von Generation zu Generation weitererzählt werden, berühren unser kollektives Gedächtnis und schaffen Erinnerungswelten. Sie ermöglichen es uns, in ihnen zu verweilen, sich einen Moment aus dem Alltag zu lösen und die eigenen Gedanken und Gefühle zu erspüren. Patrizia Casagranda möchte mit ihren Bildern Freude schenken und positives Erleben beim Betrachten auslösen – mit all den schönen Wesen in ihren faszinierenden Märchenwelten gelingt ihr dies mühelos. 
(K. Weeke Kunsthistorikerin) 
Die 1979 in Stuttgart geborene Künstlerin, die Design studierte und als Grafikerin unter anderem für Günther Uecker und Markus Lüpertz arbeitete, ist seit nunmehr drei Jahren freischaffend tätig. Seitdem konnte sie bereits eine Vielzahl von Ausstellungen im In- und Ausland realisieren.
Patrizia Casagranda schloss 2002 ihr Design-Studium an der FH Niederrhein mit Auszeichnung ab und besuchte die Malakademien in Nizza, Ravensburg und Trier. Nach wechselnden Tätigkeiten im Design-Bereich arbeitet sie seit 2015 als freischaffende Künstlerin.
Weitere Infos: Karlheinz Zwick, Kreisverwaltung Südliche Weinstraße, Kunst & Kultur, Tel. 06341/940116 oder Südliche Weinstrasse e.V., An der Kreuzmühle 2, 76829 Landau, Tel. 06341/940413, www.suedlicheweinstrasse.de, www.weintage-suew.de  

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