Terroir

Aus gutem Grund

Das Beste an der Weinrebe ist womöglich ihre Wurzel. Viele Meter tief gräbt sie sich in nährstoffarme, trockene und steinige Böden, auf denen keine andere Kulturpflanze mehr gedeiht, und versorgt von dort aus ihre Blätter und Trauben mit Wasser, Mineralien und Stickstoff. Was sie da jeweils nach oben fördert, prägt den Geschmack des Weins. Der Begriff "Terroir" beschreibt wie Klima, Boden und Landschaft die Entwicklungen des Weinstocks und den Geschmack der Trauben beeinflussen. Die Leistung des Winzers ist es, diesen individuellen Geschmack herauszuarbeiten.

Die Arbeit im Weinberg ist den Winzern in der Region extrem wichtig. Viel Sonne, die passende Versorgung mit wichtigen Nährstoffen und die erlesene Handarbeit sind im Hinblick auf die Arbeit im Weinberg und Keller entscheidend. So gedeihen natürlich manche Rebsorten besonders gut in der Pfalz. Der Riesling, die Burgundersorten, Grauburgunder, Weißburgunder, Chardonnay aber auch rote Weinsorten wie Spätburgunder, Dornfelder, Merlot oder Syrah finden hier einen fruchtbaren Boden.

Die Böden verleihen den Rebsorten ihren bestimmten Charakter. Das liegt daran, dass der Boden ein sehr komplexes Bild widerspiegelt. Sie charakterisieren sich nicht nur durch die Gesteinsart, sondern auch durch ihre mineralischen und organischen Bestandteile. Sie können basisch oder sauer sein, trocken oder feucht, nährstoffarm oder fruchtbar, kompakt oder locker. Die Südliche Weinstraße ist für die abwechlsungsreiche Bodenvariationen bekannt.

Immer mehr Winzer geben daher auf dem Flaschenetikett nicht nur Lage und Jahrgang, sondern auch das Ausgangsgestein an, auf dem die Trauben gereift sind. Eine zusätzliche und tiefgründige Standort-Differenzierung, die vielen Weinliebhabern gefällt, auf jeden Fall aber eine Frage aufwirft: Schmeckt ein Riesling, der auf Buntsandstein angebaut wird, anders, als ein Wein von Rebstöcken, die im Kalkstein wurzeln? Kann man den Boden und das Ausgangsgestein im Wein tatsächlich schmecken? Nach Untersuchungen von Wissenschaftlern mithilfe modernster Analytik, kam man zu einem klaren Ergebnis: Man kann den Boden im Wein tatsächlich schmecken!

Das Ausgangsgestein und die Weinlage sind somit elementar wichtiger Faktor für den Geschmack des Weines an der Südlichen Weinstraße.

Schiefer

Vor über 400 Millionen Jahren bildete Europa zusammen mit Nordamerika einen Großkontinent, der nicht ansatzweise an der Stelle des heutigen Breitengrades lag. Dieser Mammut-Erdteil lag am Äquator und wird aufgrund der Gesteinsfarbe „Old Red“ genannt. Auf der Südhalbkugel befand sich ein weiterer Großkontinent, Gondwana. Inmitten dieser Kontinente erstreckte sich der Rheinische Ozean. Dort, wo heute die Pfälzer ihre Feste feiern, befand sich ein in Schwellen und Becken gegliedertes Meer. Tief unter dem Meer verborgen lag die Mitteldeutsche Schwelle, ein riesiges Kristallin- und Schiefergebirge, dessen Urgesteine heute wenige hundert Meter tief unter dem später entstandenen Pfälzerwald und dem Rheingraben verborgen liegen. Lediglich an einem schmalen Saum am Haardtrand, der Bruchlinie zwischen Pfälzerwald und Rheingraben, treten einige dieser Urgesteine an die Oberfläche. In Albersweiler werden heute Gneise, Granite und Diorite abgebaut, für den Weinbau jedoch nur Schiefer und Grauwacken genutzt. Einer dieser Lagen ist der „Burrweiler Schäwer.“ Er zeichnet sich durch stark steinige, sandige Lehmböden, sowie ein sauer, ausreichendes Nährstoffangebot und ausreichende Wasserversorgung aus. Die gute Erwärmbarkeit tut ein Übriges, um das charakteristische Aromenspektrum aus Apfel, Zitrone, Grapefruit und mineralischen Tönen zu fördern. Dieses Terroir wird gezielt für den Rieslinganbau genutzt.

Weinbergslage: Burrweiler Schäwer

Das Rotliegende

Heiß brennt die Sonne vom Himmel auf die Erde hernieder. Keine Wolke weit und breit. Flirrendes, gleißendes Licht, glühende Ofenhitze und eine fast hörbare Stille. Staub, Steine und grenzenlose Einsamkeit. Im Erdaltertum ähnelte die Landschaft der Pfalz den steinernen Wüsten im kalifornischen Death Valley oder der chilenischen Atacama Wüste. Karg, spröde, doch auch auf einzigartige Weise eindrucksvoll.

Gräbt man heute die Weinberge des Birkweiler Kastanienbusches auf, kann man die Sedimente dieser vergangenen Epoche der Erdgeschichte der Südlichen Weinstraße sehen. Konglomerate in dunkelroten und violettroten Farben findet man ebenso wie Sand- und Tonsteine des Rotliegenden. Dieses zählt zu den ältesten Gesteinen der Pfalz. Lange nachdem die roten Gesteine von jüngeren Schichten überdeckt wurden, hoben sich die Schollen an den Kanten des entstandenen Rheingrabens an und traten an die Oberfläche. Heute kann man dieses Gestein vorwiegend am südlichen Haardtrand vorfinden. Hier wachsen viele Edelkastanien und im Herbst wird Keschde-Kuchen und Kastaneinbrot gebacken. Flächenmäßig spielt das Rotliegende im Pfälzer Weinbau eine eher untergeordnete Rolle, dafür überzeugt die Weinlage durch seine hohe Qualität. Vor zwanzig Jahren noch undenkbar, ist dieses Terroir mittlerweile eine absolute Toplage geworden. Die Parzellen am „Birkweiler Kastanienbusch“ liegen windgeschützt am Rande des Pfälzerwaldes in einem Talkessel und der Austrieb wird durch das warme Klima begünstigt. Die sehr gut lagerfähigen, kraftvollen, facettenreichen und eleganten Weine setzen sich vorwiegend aus mineralisch, rauchigen Tönen, sowie aus Buchsbaum- und Honigmelonen-Aromen zusammen. Die Säure der Weine präsentiert sich abgerundet und harmonisch. Die Gunstlage aus teils steinigen Lehm- und Sandböden, die häufig kalkhaltig sind und dadurch ein ausreichendes bis hohes Nähstoffangebot haben, geben den Weinen ebenso ihre besondere Qualität, wie die ausreichende Wasserversorgung und die gute Erwärmbarkeit des Bodens.

Weinbergslage: Birkweiler Kastanienbusch


Buntsandstein

Wie Leuchttürme ragen die Sandsteinfelsen aus dem Blättermeer des Pfälzerwaldes. Vor über 250 Millionen Jahren entstanden, verleihen Eisenoxide den Steinen ihre rötliche Farbe. An manchen Stellen löst heißes Thermalwasser das Eisen heraus und bleicht das Gestein, es entsteht eine gelbliche Variante. Das Vorkommen beider Varianten ist charakteristisch für die Südliche Weinstraße. Nicht nur als Baumaterial für Burgen oder Brücken konnte das Gestein verwendet werden, auch für die Winzer bieten die Hanglagen mit nährstoffarmen und trockenen Buntsandsteinböden eine gute Grundlage für Spitzenweine. Zu den Burgen gehörten meist auch die umliegenden Länderein, die oft nach ihren feudalen Besitzern benannt wurden. Lagenamen wie „Ilbesheimer Rittersberg“ oder „Rhodter Schlossberg“ weisen darauf hin, dass sie einst im Besitz eines Burg- oder Schlossherren gewesen waren. Besonderer Vorzug des Buntsandsteins ist die Fähigkeit, Wärme zu speichern. Im Geschmack sticht dieser Boden durch seine prägnante Säure hervor. Das Aromenspektrum mit Zitronen, Grapefruit und mineralischen Noten, runden den Geschmack des Weines ab. Zumeist sind die Buntsandsteinlagen an den Haardträndern zu finden, wo der Pfälzerwald langsam in die Hügellandschaft der Südlichen Weinstraße ausläuft. Um die Rebflächen zu bestellen, müssen erst Terrassen angelegt werden. Aufgrund der Kostspieligkeit dieser Arbeit, wurden viele Parzellen wieder aufgegeben. Winzer und Weinliebhaber haben jedoch das Potential dieser traditionellen Steillagen wieder schätzen gelernt und teilweise aufgegebene Weinberge vom Unterholz und Dickicht befreit und sie so wieder für den Weinbau nutzbar gemacht. Charakteristisch für den Buntsandsteinboden ist das saure, geringe Nähstoffangebot, der steinige, trockene Sandboden und die bereits erwähnte gute Erwärmbarkeit.

Weinbergslage: St. Martiner Kirchberg, Birkweiler Taschberg, Rhodter Schlossberg, Ilbesheimer Rittersberg

Löss

In der Entstehungsphase der Lössböden, der Kaltzeiten des Pleistozäns, war das Leben in der Pfalz sicher nicht so angenehm wie heute. Eiesige Stürme blasen aus den Schotterbenen der Flüsse und von den Endmoränen der Gletscher feinporige Staubwolken auf und fegen sie hunderte von Kilometern durch die Lüfte. Erst viele Jahrtausende später, als der kalkreiche Staub sich längst am Boden abgesetzt und sich das Klima wieder erwärmt hat, erweisen sich die Sturmwolken als Segen. Über den 10-15 Meter dicken Löss-Ablagerungen der Vorzeit hat sich inzwischen eine Pflanzendecke gebildet. Diese dient als Schutz vor erneuten Verwehungen. Kalk und Ton werden mit der Zeit aus den oberen Bodenschichten ausgewaschen und verlagern sich in die tieferen Schichten. Fast die Hälfte der Pfalz zwischen Haardtgebirge und Rhein ist mit Löss bedeckt und bietet idealen Ackergrund. Bis vor wenigen Jahren standen auf dem Löss meist Reben für Rotwein, doch mittlerweile wird auch verstärkt Riesling auf diesen fruchtbaren Böden angebaut. Der Kalk sorgt für die richtige Abpufferung der Säure. Weine die auf Lössböden wachsen, sind meist üppig angelegt, denn auf Löss kommen alle Aromen vorzüglich zum Tragen. Die mineralreichen Böden liefern kräftige, füllige Weine, die sich gut als Speiseweine eignen. Besonders der Riesling gerät hier vollmundiger und harmonischer als an anderen Standorten. Der „Venusbuckel“ oder das „Sauschwänzel“ bei Billigheim-Ingenheim sind Weinlagen die sich durch den charakteristischen leichten Schluff- und Lehmboden auszeichnen. Der hohe Kalk- und Nährstoffgehalt sowie die gute Wasserversorgung sorgen dafür, dass die Weine in diesen Lagen von hoher Qualität sind.

Weinbergslage: Kirrweiler Mandelberg, Billigheimer Sauschwänzel, Billigheimer Venusbuckel


Kalkstein

Vor 20-25 Millionen Jahren schmeckte die Pfalz weder nach Wein noch nach Kastanien. In der Luft lag eher ein maritimer Salzgeruch. Durch das von Süden eindringende, tropische Meer wuchsen die Pfälzer Kalkriffe immer höher. Als das Meer zurückging, blieb Kalkschlamm zurück, der sich wie die Riffkalke zu Kalkstein verfestigte. Die porösen und hohlraumreichen Kalkgesteine können große Mengen Wasser speichern. Die Böden enthalten Magnesium und Kalzium im Überfluss und der basische Kalk puffert die Säure hervorragend ab. Auf den Geschmack des Weines wirkt sich Kalkgestein sehr positiv aus. Die warmen Böden verleihen den Aromen sehr weiche Noten. Winzer, die Weine aus derartigen Weinlagen geschickt ausbauen, können herrlich seidige, üppige Geschmacksnuancen erzielen. Die Aromenvielfalt reicht von Mango, Pfirsich und Honig bis hin zu Karamell und Honigmelone. Die auf der „Kleinen Kalmit“ oder dem „Schweigener Sonnenberg“ angebauten Rieslinge und Spätburgunder sind sehr gehaltvoll und überzeugen durch ihre extreme Konzentration und ihren langen Nachhall. Kennzeichnend für Kalksteinböden sind steinige, teils tonige Lehmböden, ein hoher Kalkstoffreichtum und ein vielfältiges Nährstoffangebot. Weiterhin sind die gute Erwärmbarkeit und die ausreichende Wasserversorgung charakteristisch für dieses Gestein.

Weinbergslage: Kleine Kalmit, Godramsteiner Münzberg, Schweigener Sonnenberg

Mergel

Der Boden aus dem die Römer ihre Ziegeln brannten - heute wird dieser Boden vor allem für den Rotweinanbau genutzt. Ton- oder Kalkmergel ist ein Gemenge aus tonreichem Lehm und Kalk, das aufgrund seiner feinkörnigen Struktur weder Wasser aufnehmen noch durchlassen kann. Im Laufe der Erdgeschichte wurde er zu verschiedenen Zeiten in den eher tropischen Meeresphasen abgelagert. Heute ist dieser fruchtbare, kalzium- und magnesiumreiche Boden in Pfalz sehr weit verbreitet. Langlebige Spätburgunder gedeihen in den Weinlagen von St. Martin, Maikammer oder Ilbesheim. Durch die Grundsättigung an Nährstoffen, benötigen Mergelböden keinen zusätzlichen Kalk mehr. Durch den Anbau auf steinig tonigen Lehmböden, die meist kalkreich und ein guter Wasserspeicher mit geringer Durchlässigkeit sind, ergibt sich ein dichtes, mineralbetontes, komplexes Geschmacksbild.

Weinbergslage: Eschbacher Hasen, Göcklinger Kaiserberg


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